Gewinnbringender Einsatz gegen «schwarzes» Putzen
Eine Putzfrauenagentur als präventives Mittel gegen die Schattenwirtschaft?
Unter den Putzhilfen in privaten Haushalten blüht die Schwarzarbeit. Der Bund will ihr mit einer Gesetzgebung zu Leibe rücken, die vor allem auf Repression setzt. Eine Putzfrauenagentur will einen präventiven Beitrag gegen Schwarzarbeit leisten. Vor allem aber scheint es sich um ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell zu handeln.
Als Putzfrau lässt es sich spannend und am Ende glücklich leben - zumindest in der Fiktion des 1991 erschienenen Romans «Die Putzfraueninsel» von Milena Moser. Die Realität des Putzpersonals sieht anders aus. Auch die Schweiz ist keine Ausnahme-Insel im grauen Alltag mit Staubsauger, Putzlappen und wenig Lohn, obwohl das Geschäft mit der Sauberkeit eine Wachstumsbranche ist. Die Sozialgeographin Pia Tanner ist in ihrer aus dem Jahr 2003 stammenden Studie über die Arbeitsverhältnisse in der Schweizer Reinigungsbranche, «Putzen in der sauberen Schweiz», von 130 000 Personen ausgegangen, die ihr Haupteinkommen mit Saubermachen verdienen. Jürg Brechbühl, Präsident der paritätischen Kommission für den erst im letzten Jahr ausgehandelten Gesamtarbeitsvertrag für die Reinigungsbranche, beziffert die gegenwärtige Zahl der Beschäftigten mit 250 000. Davon seien rund 60 000 bei Reinigungsunternehmen angestellt, der grosse Rest schwinge entweder freiberuflich oder im Auftrag der öffentlichen Hand den Besen. Wie sich wiederum diese Zahl genau aufteilt, vermag Brechbühl nicht zu sagen. Und auch wie hoch die Dunkelziffer derer ist, die schwarz in den Wohnungen und Häusern die schmutzige Arbeit verrichten, entzieht sich jeglicher Statistik.
Keine aktive Suche nach Sündern
Das Heer dürfte beträchtlichen Umfangs sein. Zu den wichtigsten Charakteristika der Reinigungsbranche gehöre, so Tanner, die Schwarzarbeit. Tatsächlich hat die Schwarz- oder Schattenarbeit in den letzten Jahren auch in der Schweiz ein beträchtliches Ausmass angenommen. Eine Studie der Universität Linz hat errechnet, dass hierzulande im Jahr 2001 rund 37 Milliarden Franken durch Schwarzarbeit hinterzogen wurden. Eine Aufschlüsselung nach Branchen fehlt allerdings, so dass der Umfang des durch «schwarzes» Putzen hinterzogenen Geldes nicht angegeben werden kann.
Doch Reinigungsarbeiten in privaten Haushalten gehören zweifelsfrei zu jenen Tätigkeiten, die nicht selten schwarz verrichtet werden, zumal der «Arbeitgeber» nicht mit einer eigentlichen Strafe rechnen muss. Er könnte allenfalls mit einer Anstellungssperre belegt werden. Das tut zwar einem Unternehmen weh, kaum aber einer Privatperson mit dem Bedarf nach Putzhilfe. Auch fahndet beispielsweise der Kanton Zürich nicht aktiv nach Sündern, wie Alwin Hösli vom Amt für Wirtschaft und Arbeit erklärt. Flögen Fälle von Schwarzarbeit im Haushalt auf, geschehe dies durch Denunziation, bei Unfällen oder bei Streitigkeiten. Gerade in den letzten beiden Fällen kann es aber für den Arbeitgeber teuer werden - wenn beispielsweise die Putzfrau rückwirkend ihre Sozialbeiträge einfordert, Ferienvergütung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verlangt.
Legalisierung unerwünscht
Auf ein ungeregeltes Arbeitsverhältnis aufmerksam würden die Behörden oft auch indirekt, wenn bei einer Tramkontrolle festgestellt werde, dass sich jemand illegal in der Schweiz aufhalte. «Dann fragt man auch nach der Einkommensquelle», so Hösli. Beschäftigungen in privaten Haushalten stellen dabei oftmals die letzte Zufluchtsstätte für Papierlose dar. Sie haben gar kein Interesse daran, sich bei einer Ausgleichskasse registrieren zu lassen. Sie liefern sich damit aber auch der Willkür ihrer Arbeitgeber aus. Auch in der Schweiz gibt es Schicksale, in denen Haushaltshilfen wie Sklaven gehalten werden. Aber nicht allein illegal Anwesende verzichten gerne auf eine Anmeldung bei der kantonalen Ausgleichskasse. Auch legal in der Schweiz arbeitende Ausländerinnen und Ausländer meiden den Gang zur Behörde. «Weil sie Sprachprobleme haben, die Bestimmungen nicht kennen oder weil sie sich lieber den ganzen Lohn auszahlen lassen», sagt Brechbühl.
Der vorliegende Entwurf zum Bundesgesetz über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, der inzwischen die ersten parlamentarischen Hürden genommen hat, schlägt insbesondere auch im Hinblick auf Reinigungsarbeiten im Privathaushalt administrative Vereinfachungen bei den Sozialversicherungen vor, setzt sonst aber eher auf Repression. Alwin Hösli zweifelt denn auch grundsätzlich an der Wirksamkeit des neuen Gesetzes.
Präventive Beiträge gegen die Schwarzarbeit in diesem Sektor könnten wirkungsvoller sein, vermutet Hösli. Gerade das will Adrian Gsell mit seiner Putzfrauenagentur leisten. Gsell hat die erste Putzfrauenagentur der Schweiz 2003 gegründet. Anders als professionelle Putzunternehmen ist sie darauf spezialisiert, Putzfrauen in private Haushalte zu vermitteln. 2003 hat Gsell mit 30 Angestellten angefangen. Inzwischen arbeiten 50 Personen für ihn. Auslöser für die Firmengründung waren eigene Erfahrungen mit Putzhilfen. «Ich habe selbst jahrelang Putzfrauen beschäftigt, weil Putzen neben meiner beruflichen Tätigkeit einfach nicht mehr möglich war», erzählt er. Doch habe er stets die Vorschriften eingehalten, was aber mit beträchtlichem administrativem Aufwand verbunden gewesen sei. Genau vor diesem Aufwand würden eben viele Private zurückschrecken. Würden sie aber auf professionelle Reinigungsunternehmen zurückgreifen, entsprächen weder die Preise den Verhältnissen noch die Angebote ihren Bedürfnissen.
Die Agentur sorgt nun einerseits dafür, dass die gestellten Putzaufgaben sorgfältig erledigt werden, anderseits garantiert sie den angestellten Frauen Arbeit im Rahmen ihres vorgegebenen Pensums. Sie erleichtert zudem die privaten Arbeitgeber um die Bürde des administrativen Aufwands und entrichtet zugunsten der Angestellten die gesetzlichen Beiträge an die Ausgleichskasse. Das hat aber auch seinen Preis. Eine Kundin in der Stadt Zürich blättert nach einem kürzlich erfolgten Preisaufschlag 37 Fr. pro Stunde für ihre Putzfrau hin. Eine Angestellte der Agentur erhält davon 20 Fr. brutto pro Stunde. Das entspricht etwa dem Minimallohn für eine Reinigungsmitarbeiterin mit Spezialkenntnissen, wie er in dem seit Juli vergangenen Jahres geltenden GAV für die Branche festgehalten ist, dem auch die Putzfrauenagentur beigetreten ist. Zum Vergleich: Eine Berufsanfängerin bekommt gemäss GAV lediglich Fr. 16.50 pro Stunde, zuzüglich 8,33 Prozent für vier, 10,64 Prozent für fünf Wochen Ferien. Gsell hält seine Löhne für angemessen. Dafür verlangt die Putzfrauenagentur von ihren Mitarbeiterinnen auch entsprechende Qualifikationen: Sie müssen über Deutschkenntnisse verfügen und unter Umständen Referenzen vorweisen. Man werde zwar nicht mit Bewerbungen überrannt, erklärt Gsell. Doch würden die Zyklen, in denen sich neue Aspirantinnen vorstellten, immer kürzer.
Expansion in die ganze Schweiz
Und zu putzen gibt es genug, so dass Gsell nach Zürich in die übrige Schweiz vorstossen will; nicht im Alleingang, sondern mit Partnern, welche das Label der Agentur im Franchising-System übernehmen. Für die Lizenz kassiert Gsell 8 Prozent des Umsatzes. «Dafür übernehme ich das gemeinsame Marketing und coache meine Partner. Insbesondere stelle ich aber ein erprobtes Modell zur Verfügung.»
Dieses Modell funktioniere sowohl in der Stadt wie in der Agglomerationen, meint Gsell, obgleich auch für die Agentur die «Masse» zählt. «Lieber bezahlen wir höhere Löhne und halten die Marge tief», erklärt Gsell. Überleben könne man aber bereits mit einem Kundenstamm von 100 Haushalten und einem monatlichen Wachstum von 20 weiteren Kunden. Gsell ist von den Zukunftsaussichten für die Branche auch in schwierigen Zeiten überzeugt. «Gerade bei hohen Arbeitslosenquoten haben diejenigen, die über Arbeit verfügen, noch weniger Zeit und Lust zum Putzen.» Dafür wächst die Zahl derjenigen, die sich auch mit prekären Arbeitsplätzen zufrieden geben. Zur glücklichen Insel wird die Schweiz denn auch dank der Agentur für Putzfrauen nicht werden; im Kampf gegen die Schwarzarbeit bleibt sie ein Tropfen auf den heissen Stein. Immerhin.