Den Putzfrauen geht es in der Krise dreckig
Zehntausende Reinigungskräfte haben wegen der Coronakrise weniger Arbeit – oder gar keine mehr. Manche geraten in existenzielle Nöte.
Es sind meist Frauen, häufig Ausländerinnen, die für einen knappen Lohn Woche für Woche zigtausend Wohnungen und Häuser reinigen. Sie trifft der Lockdown indirekt: Es gibt keine Restaurants mehr zu putzen, keine Kleiderläden, weniger Büros. Und auch viele Privatpersonen verzichten aktuell auf die Dienste ihrer Putzfrau, sei es, weil sie sich vor einer Ansteckung fürchten, sei es, weil sie wegen der Krise mehr Zeit oder weniger Geld haben.
Das bringt einige Putzfrauen in finanzielle Nöte. Besonders schwierig ist die Situation für jene, die bei mehreren Privatpersonen reinigen, ohne bei einer Firma angestellt zu sein. Ihnen fehlt nun auf einen Schlag ein Teil des Einkommens – oder gar das ganze. «Viele sind völlig verzweifelt», sagt Daniel Ordas, Basler Anwalt mit spanischen Wurzeln. Via Facebook hätten sich viele spanischsprachige Betroffene bei ihm gemeldet.
Kein Lohn – und auch kein Arbeitslosengeld
Die Lage sei teilweise dramatisch, sagt er: Manche Putzfrauen erhalten gar keinen Lohn mehr, können aber nicht zum RAV, weil ihnen nicht gekündigt wurde. Ordas schätzt, dass «sehr viele Tausende» betroffen sind. Eine Lobby haben sie nicht, Gehör verschaffen können sie sich kaum. Der Basler Anwalt hat deshalb bei den Behörden interveniert. «Es braucht eine Sonderregelung », fordert er. Sein Vorschlag: Die Putzfrau soll selber Kurzarbeit beantragen können – und nicht wie sonst üblich der Arbeitgeber. Ordas sagt: «Es soll nicht jenen am dreckigsten gehen, die am meisten putzen.»
Auch SP-Nationalrat Mustafa Atici ist von Betroffenen kontaktiert worden. Manche Arbeitgeber seien fair und bezahlten den Lohn weiterhin, erklärt der Basler. In den meisten Fällen werde den Putzfrauen aber einfach abgesagt und sie erhielten kein Geld: «Die Situation ist zum Verzweifeln, da auch die Kurzarbeit nicht auf diesen konkreten Fall ausgerichtet ist.» Tatsächlich erklärt das Staatssekretariat für Wirtschaft auf Nachfrage, dass die Kurzarbeitsentschädigung hier nicht zum Zug kommt. Private Arbeitgeber, die Haushaltsangestellte beschäftigen, könnten weder als Selbstständigerwerbende noch als Unternehmen eingestuft werden, erläutert die Behörde. Daher könnten sie für ihre Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung geltend machen.
Atici will dazu in der ausserordentlichen Session einen Vorstoss einreichen – hofft aber, dass der Bundesrat schon vorher handelt. Die Zeichen dafür stehen gut. Der Bundesrat prüft derzeit, wie Angestellte in Privathaushalten Kurzarbeit beantragen können. Das kündigte Wirtschaftsminister Guy Parmelin diese Woche an. Bis Mittwoch muss sein Departement Vorschläge dazu vorlegen.
Happige Umsatzeinbusse
Wie stark die Krise die Reinigungsbranche trifft, zeigt sich beispielhaft bei den grösseren Unternehmen. «Nach dem Lockdown liefen unsere Telefone heiss», sagt etwa Adrian Gsell, Gründer von «putzfrau.ch». Seine Firma mit 1800 Mitarbeitenden reinigt normalerweise in über 9000 Haushalten. «Wegen der Krise haben viele Kunden ihre Aufträge vorübergehend sistiert», sagt er. Für den Monat April rechnet er deswegen mit einer Umsatzeinbusse von 20 bis 30 Prozent. Immerhin seien die Aufträge bisher nur sistiert worden – und nicht gekündigt. Gsell hofft daher, dass die Arbeit nach der Krise wieder auf normalem Niveau weitergehen wird. Für den Moment haben all seine Agenturen Kurzarbeit beantragt. Mehr Hilfe vom Staat fordert er nicht – aber möglichst bald eine Lockerung der Massnahmen.
Gsells Firma ist kein Einzelfall. Der Branchenverband Allpura schätzt, dass insgesamt für 40 bis 50 Prozent der Reinigungsmitarbeitenden Kurzarbeit beantragt wurde, wie Geschäftsführerin Karin Funk sagt. Bei rund 85'000 Angestellten bedeutet dies: Um die 40'000 Personen sind betroffen.
Von Maja Briner