Das Big Business der Putzfrauenagentur
Innerhalb von zehn Jahren baute ein Unternehmer-Ehepaar aus dem Zürcher Oberland eine Putzfrauenagentur auf, die mittlerweile über 1200 Mitarbeiter zählt. Ihr USP: die Rekrutierung der passenden Raumpflegerinnen für den Einsatz im Privathaushalt – und dies in der ganzen Schweiz. Wie diese Erfolgsstory aussieht, versuchten wir im Gespräch mit der 51jährigen CEO der Putzfrauagentur, Lilian Kellenberger, herauszufinden.
Lilian Kellenberger empfängt mich mit einem strahlenden Lächeln zum Interview. Ihre Haare strubbelkurz und so wirkt sie auf mich um ein Vielfaches jünger als die Zahl, die ich auf Ihrem CV entnehme: 51. Die gelernte Bankerin verfügt über ein natürliches Flair für Zahlen. „Ich liebe es Zahlen zu analysieren, Budgets zu machen, aber stets in Zusammenhang mit Menschen!" erzählt sie uns eingangs. „Ich hasse Routine und liebe alles Neue" ergänzt sie flugs nach einigem Überlegen. Und man sage ihr nach, dass sie ein Talent habe, Menschen zu motivieren, erzählt uns die CEO der Putzfrauenagentur über ihre Zweitkarriere. Die erste durchlebte sie in der Bankenwelt – und damit in einer Zeit, wo Frauen im Banking noch reichlicher als heute untervertreten waren. „Schon als Kind beeindruckte mich die Ruhe in einem Kassenschalter, diese Seriosität".
Also begann die junge Lilian Kellenberger mit einer Banklehre bei der Credit Suisse – fand aber in dieser Ausbildung alles andere als ihren Traumjob: „Ich war wahnsinnig enttäuscht – ich hatte etwa anderes erwartet, mehr Menschen, mehr Abwechslung, weniger Routine". So plante sie bereits ihren Ausstieg aus der Branche – doch es kam, wie sie oft im Leben, anders. „Weil ich die Lehre mit guten Noten abschloss, hab ich die Chance bekommen mich in der Abteilung Kommerz vorzustellen. Ich konnte mir schlicht nichts darunter vorstellen und bin leicht rebellisch dort mit einem weinroten Overall und weissen Cowboystiefeln reinmarschiert" – Lilian Kellenberger lacht herzhaft. Es sei ein wenig Trotz dabei gewesen, gibt sie grinsend zu. Doch das Glück wollte es, dass sie mit jemandem dabei in Kontakt kam, der ihre spätere Karriere überhaupt ermöglichen würde. Genauso sprudelig, neugierig und interessiert wünschte man sich nämlich neue, junge Mitarbeiter in der Abteilung. Und frischen Wind versprach die junge Lilian Kellenberger mit diesem Outfit ja durchaus. „Ich konnte gar nicht glauben, dass sie mich nahmen!" – Aber es hiess später, sie sei genau die unkonventionelle junge Frau, die man suchte. Die Arbeit in dieser Abteilung gab ihr tiefergehende Einblicke und damit genau das, was sie sich immer wünschte. „Mein damaliger Chef wurde zu meinem Mentor, den ich noch immer treffe – er ist lustigerweise der Mann, der mich am meisten geprägt hat" so die Unternehmerin heute.
Ladies Drive: Inwieweit hat Sie Ihr Mentor beeinflusst und geprägt?
Lilian Kellenberger: Er hat mir gezeigt, wie man an Situationen rangehen kann, wie man Probleme lösen kann. Die Art und Weise wie er mit den Leuten gesprochen hat und wie er versucht hat herauszufinden, was hinter ihrer Idee steckt und was sie bewegt. Und ob man bereit ist, dafür als Bank Geld zu geben - und wie viel man gibt. Das hat mich sehr beeindruckt.
Wie ging Ihre Karriere dann weiter?
Ich hatte Erfolg, ich wurde befördert.
Bis zu welcher Funktion?
Ich war Mitglied des Kaders, in einer Filiale ausserhalb von Zürich. Doch dann begann sich der Firmenbereich stark zu verändern. Ich hatte zu einer Zeit auf der Bank gearbeitet, als man noch ganz unterschiedliche Branchen und Grössen betreuen könnte. Vom Coiffeurladen bis zum grossen Reiseveranstalter hin. Dann wurden Strukturen eingeführt die vieles veränderten. Branchen wurden zusammengelegt und Segmente eingeführt was die Grösse eine Firma anging. Darum habe ich mich entschlossen in den Privatkundensektor zu wechseln und ein Team zu leiten. Der Erfolg ist mir auch dort treu geblieben. Dies unter anderem, weil ich ein wirklich tolles Team hatte und mir die Führungsaufgabe sehr viel Spass bereitete. Und ich bin von meinem eigenen Erfolg immer etwas überrannt worden. Es war verrückt. Bei allem was ich machte, gelang es mir immer die hohen Ziele zu übertreffen. Dann hat sich die ganze Bankbranche angefangen zu verändern. Aus der einst so grünen Berater-Wiese wurden immer mehr Regelungen und Vorgaben eingeführt, so dass ich mich nicht mehr richtig entfalten konnte. Ideen waren nicht mehr gefragt und so kam ich mir immer mehr wie eine Blume vor, die langsam verdurstet. Zu diesem Zeitpunkt machte ich mir Gedanken, in welche Richtung es weiter gehen könnte in meinem Leben.
Und wohin ging die Reise?
Mein Partner gründete drei Jahre zuvor die Putzfrauenagentur. Ich habe ihn unterstützt, auch finanziell, weil ich gut verdient hatte und war bereits in der Konzeption involviert. Das waren schwierige Zeiten, denn wenn man 25 Jahre auf der Bank gearbeitet hat, ist man Banker mit Leib und Seele. Da war ich 42. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Putzfrauenagentur immer grösser, es waren schon mehrere Agenturen in Franchise angeschlossen, die man betreuen musste. Und so kam es zum Entscheid, dass mein Lebenspartner die Betreuung der Franchise-Partner übernahm und ich seine Agentur neu als Geschäftsführerin betreute.
Die Putzfrauenagentur war damals schon eine AG?
Nein, damals noch eine GmbH und drei Jahre alt. Man hat gesehen, dass es funktioniert, aber man hat nicht geahnt, was für ein Potenzial da noch dahinter steckt. Der Gang in die Selbstständigkeit machte mir am Anfang aber auch ein wenig Angst. Das hat mich lange bis in meine Träume verfolgt und beschäftigt.
Wie haben Sie das abgelegt?
Nicht daran gedacht. Wegdenken, positiv denken. Ich wäre nicht eingestiegen, wenn ich nicht an die Firma geglaubt hätte. Ich bin aber auch ein Mensch, der wenn es erforderlich wird, mit weniger Geld leben kann. Vorraussetzung dafür ist für mich ein Umfeld zu haben das mich glücklich macht und eine Arbeit wo ich etwas bewirken kann. Diese Gewissheit zu haben, dass man selber die Ansprüche runterfahren kann, wenn es erforderlich ist, gibt einem mehr Lockerheit. Mittlerweile bin ich seit sieben Jahren in der Putzfrauenagentur AG. Seit drei Jahren teilen wir uns die Führung - ich bin die operative Führung und betreue alle 15 Agenturen in der Schweiz und mein Partner Adrian Gsell ist für die strategische Führung verantwortlich.
Was ist das Business Model der Putzfrauenagentur?
Sorgsam ausgewähltes Personal für den B2C Markt. Unsere intern geschulten Aussendienstpersonen besuchen den Privatkunden in seinem Haus oder Wohnung. Sie erklären ihnen unser Konzept und gehen mit ihnen durch jeden Raum, nehmen detailliert auf, was dem Kunden wichtig ist, gehen auf heikle Punkte ein – zum Beispiel Räume oder Möbel, die wir nicht berühren dürfen und beraten sie wenn nötig. Wenn der Kunde zusagt, wird die passende Reinigungskraft zugeteilt. Der Erfolg steht und fällt mit der Fähigkeit, nicht nur eine gute Raumpflegerin zu suchen, sondern auch die richtigen Menschen zusammenzubringen. Wir nehmen uns viel Zeit bei der Rekrutierung der Mitarbeiterinnen und der genauen Analyse der Kundenbedürfnisse. Wir versuchen bei jeder Raumpflegerin zu erkennen was für ein Typ Mensch sie ist und was sie besonders gut kann und was weniger gut. Das ist zentral. Denn die Zusammenarbeit setzt Vertrauen voraus – und zwar auf beiden Seiten. Wir sind organisatorisch gesprochen das Mutterhaus, der Franchisegeber. Wir haben im Moment 15 Agenturen, davon sind 11 Franchise-Agenturen. Insgesamt managen wir 1200 Personen in der ganzen Schweiz.
Das ist ein ganz schön grosser Job!
Ja, ist es. Aber auch bei den eigenen Agenturen (Tochtergesellschaften der AG) hat es eine Agenturleiterin vor Ort die wiederum von mir betreut und geführt wird. Im Management (Agenturleitung) haben wir übrigens nur ein Drittel Männer, bei den Raumpflegerinnen sind es zu 100% Frauen – die Kunden wünschen das so! Selbst unsere homosexuellen Kunden möchten keinen Mann sondern eine Frau für die Reinigung im Privathaushalt.
Können Sie nach zehn Jahren das Erfolgskonzept benennen? Was macht Ihren Erfolg aus?
Weil wir uns permanent Gedanken machen in welche Richtung es geht und wie wir die Agenturen entlasten können. Was müssen wir wo investieren, damit interne Abläufe einfacher oder effizienter funktionieren. Man kommt als Unternehmer immer wieder an einen Punkt, wo man spürt, dass man jetzt wieder etwas verändern muss. Ich hatte vor 5 Jahren die Idee mit unseren Aussendiensten. Das nicht mehr der Agenturleiter selber nach draussen zu den Kunden geht, sondern der Aussendienst. Als ich das zum ersten Mal an unserem Quartalsmeeting den versammelten Agenturleitern vorstellte, glaubte niemand, dass so etwas funktioniert. Alle hatten das Gefühl, man verliere zu viele Informationen, wenn man nicht selber beim Kunden vor Ort ist. Die Zusammenführung der passenden Raumpflegerin zum Kunde könne nicht funktionieren. Ich war als einzige anderer Meinung und habe es an meiner eigenen Agentur mit Erfolg ausprobiert. Es ist aber entscheidend, die richtigen Leute für den Aussendienst zu rekrutieren, gut zu schulen und die
passenden Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Es hat perfekt funktioniert und war ein wichtiger Schritt weiter wachsen zu können. In der Zwischenzeit haben wir ca. 50 Aussendienstlerinnen in der ganzen Schweiz.
Und ist Wachstum weiterhin Ihr unternehmerisches Ziel?
Ein permanentes Wachstum sollte das Ziel von jeder Unternehmung sein. Allerdings legen wir sehr grossen Wert auf ein qualitatives und nicht nur quantitatives Wachstum. Unser primäres Ziel besteht darin, unsere Führungsposition weiter auszubauen.
Weiterführende Informationen: www.putzfrau.ch
Text: Sandra-Stella Triebl
Bilder: S.Credits
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