«Drei von vier Putzfrauen arbeiten illegal»
Der Gründer einer Putzfrauenagentur kritisiert die Massnahmen des Bundes gegen Schwarzarbeit als wirkungslos. Er habe eine bessere Lösung.
Fehraltorf – Adrian Gsells Kampf ist verloren, bevor er richtig begonnen hat. «Noch eine Woche, höchstens», sagt der Unternehmer in seinem Fehraltorfer Büro, «dann hör ich auf.» Gsell hatte sich zum Ziel gesetzt, die Schwarzarbeit in der Reinigungsbranche zu reduzieren. Viele Politiker versprachen ihm ihre Unterstützung, aber konkret unternehmen wollte niemand etwas, da ist sich der 42-Jährige inzwischen sicher. Weil er selbst keine Zeit hat, wird das Ansinnen bald in der Schublade landen.
Vor acht Jahren hat Gsell die Putzfrauenagentur Putzfrau.ch gegründet. Heute wacht die Zentrale über 14 Agenturen in der ganzen Schweiz, bei denen 950 Mitarbeitende registriert sind. «Alle völlig legal», betont Gsell. Legal bedeutet: Wer eine Putzhilfe beschäftigt, muss mit dieser nicht nur einen Vertrag abschliessen, sondern verpflichtet sich auch, Beiträge an Unfallversicherung, Sozialversicherungen und Pensionskasse zu zahlen. Ein Aufwand, den viele scheuen.
Ein Steuerabzug für die Putzfrau
Rund 100 000 Haushaltsangestellte arbeiteten im letzten Jahr in der Schweiz schwarz. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die Gsell selber verfasst hat. Demnach beschäftigen 75 Prozent der Haushalte, die eine Putzhilfe anstellen, diese illegal. «Der Bund hat 3,5 Millionen Franken in eine Kampagne gegen Schwarzarbeit gesteckt – genützt hat es praktisch nichts», sagt Gsell.
Deshalb hat er einen anderen Ansatz gesucht. Um die Arbeitgeber zu bewegen, ihrer Deklarationspflicht nachzukommen, will der Fehraltorfer steuerliche Anreize schaffen. Sprich: Wer eine Reinigungshilfe anstellt, soll deren Kosten von den Steuern abziehen können – wie beim Kinderbetreuungsabzug. «Dadurch würden Sozialleistungsbeiträge von rund 200 Millionen Franken entstehen », sagt Gsell. Und da es zu höheren Steuereinnahmen führe, wenn die Putzhilfen ihre Löhne deklarierten, sei der Steuerrückgang, der durch die Abzüge entstehe, quasi aufgehoben. Eine praktikable Lösung, findet Gsell.
Das Interesse der Politiker an dieser Idee hielt sich jedoch in Grenzen. Zwar sei er immer wieder auf offene Ohren gestossen, sagt Gsell. «Ich hätte den Vorstoss aber beschlussfertig auf dem Silbertablett liefern müssen, und das wollte ich nicht.» Eine Zusammenarbeit kam nicht zustande. «Ich wurde pausenlos mit Versprechen hingehalten», sagt er.
Hat der Bund falsche Zahlen?
Einige äussern auch offen Kritik an seiner Idee, so der Schweizerische Gewerkschaftsbund und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Der gemeinsame Nenner: Man wolle bei der jetzigen Politik bleiben, um das Gesetz gegen Schwarzarbeit durchzusetzen. Dieses wurde 2008 eingeführt und setzt vor allem auf vermehrte Kontrollen und stärkere Sanktionen. Zugleich wurde ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren eingeführt. Seither können Arbeitgeber ihre Putzhilfen mit einem einzigen Formular bei den Sozialversicherungen anmelden. Gemäss Seco haben sich im ersten Jahr 12 615 Personen für dieses Verfahren angemeldet. Im Jahr 2009 waren es 4578 Personen. Trotzdem ist Gsell überzeugt, dass diese Politik wenig gebracht hat. Der Bund jongliere mit falschen Zahlen, sagt er. «Man zeigt uns die Anmeldungen für das vereinfachte Abrechnungsverfahren und spricht von einem Erfolg. Dabei wird unterschlagen, wie viele der angemeldeten Personen ihre Putzhilfe vorher schon legal beschäftigt und nur das Verfahren gewechselt haben.»
Das Seco winkt ab
Für Rolf Gerspacher vom Seco sind der Mindestlohn und das vereinfachte Abrechnungssystem die praktikabelsten Massnahmen im Kampf gegen die Schwarzarbeit. «Selbstverständlich werden wir die getroffenen Massnahmen evaluieren und uns wenn nötig über neue Ansätze Gedanken machen», sagt er. Er stellt jedoch gleichzeitig klar: «Ein Steuerabzug von Putzhilfen ist aus unserer Sicht aber nicht geeignet.» Es dürfe nicht sein, dass gewisse Lebenssituationen steuerlich privilegiert würden.
Autor: Stefan Krähenbühl